Jolanda Drexler
Ai Weiwei
»So Sorry«
Haus der Kunst, München, 12.10.2009 – 17.1.2010
Worauf beruht der unerhörte Presseauflauf und Medienrummel sogar schon im Vorfeld der ersten großen Ausstellung des chinesischen Künstlers Ai Weiwei? Nicht nur auf dem Umstand, dass dieser durch seine herausragende Rolle auf der Documenta XII und die Mitarbeit bei Herzog & de Meuron am Pekinger Olympiastadion zum bedeutendsten chinesischen Gegenwartskünstler avanciert ist und seine Rolle als Dissident durch auf ihn einprügelnde Sicherheitsbeamte eine höchst dramatische Zuspitzung erfahren hat. Vielmehr ist Ais radikaler Öffentlichkeitsbegriff ausschlaggebend. Kommunikation und öffentlicher Raum sind konstitutiv für seine Kunst. Via Twitter und eigener Blogs, die ständig gespeist werden mit sein Alltagsleben dokumentierenden Handyfotos sowie scharfen Kommentaren zur chinesischen Regierung und Gesellschaft, ist er global dauerpräsent.
Für Chris Dercon, der diese ungewöhnlich aufwändige Ausstellung verantwortet, ist der Allrounder Ai, der auch noch designt, kuratiert, schreibt, publiziert, kocht und Haare schneidet, der „vielfältigste, tiefgründigste und spannendste Künstler unserer Zeit“. Jedenfalls scheinen sich in dem großen Kulturmediator und unermüdlichen Kämpfer für eine demokratische und freiheitliche Gesellschaft unüberbrückbare Gegensätze ganz selbstverständlich zu vereinen. So steht sein stämmiges, etwas tapsiges Erscheinungsbild einer außerordentlichen Sensitivität gegenüber, seine Liebe zu Kulturgütern und Hochachtung traditionellen Handwerks kontrastiert zu der Zerstörung von Kulturgütern sowie dem Einsatz modernster Informationstechnologie. Ai ruht ganz in sich, wirkt zugleich offen und sanft, und doch ist er unablässig und durchschlagend aktiv. Dieser extreme Spannungsbogen mag auch mit Ais extremer Biographie zu tun haben. Er wurde 1957 geboren, gerade als sein Vater, ein berühmter Dichter, der in Paris Malerei studiert hatte,…