Reinhard Ermen
Agnes Martin
»Jedes Kunstwerk handelt von Schönheit«
K 20, Düsseldorf, 7.11.2015 – 6.3.2016
In der Mitte die geordneten, lapidaren, ja sturen Felder und Zeilen, die Farben und Raster, aber an den Rändern tun sich partiell schmale Unsicherheitszonen auf. Hier klingt das Bild aus! Wie ein Ton! Die Struktur ist aufgebraucht, kurz vor der unerbittlichen Kante stehen die Linien, die im zentralen Bildraum auch schon mal ins Zittern geraten können, still. Alles ist durchdacht, in inspirativen Augenblicken realisiert und höchst diskret materialisiert, aber hier gibt es Momente einer kriselnden Unruhe. Die Betrachter brauchen Zeit, um diese diskreten Sensationen überhaupt zu bemerken. Wen wundert es also, dass Agnes Martin (1912 – 2004), eine Hauptfigur der Kunstgeschichte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, im allgemeinen Bewusstsein noch nicht so richtig angekommen ist. Selbst bei den Kennern fällt der Name dieser Heiligen erst relativ spät. Dafür ließen sich eine ganze Reihe von Gründen nennen, angefangen bei der labilen Psyche der Unbeugsamen, die sich erst relativ spät entschloss (hauptberuflich) Künstlerin zu werden. In Kanada geboren, kam sie 1931 in die USA, wo sie zuerst eine Ausbildung als Kunstlehrerin absolvierte. Manches in dieser Karriere ließe sich auch unter einem feministisch zugespitzten Blickwinkel beschreiben, aber das beträfe nur die Randbereiche. Der Wille, bzw. die Fähigkeit zum schöpferischen Alleinsein, das sie in der Wüste von New Mexico findet, erklärt mehr. Hier herrscht ihr Bildlicht. Entscheidend ist das trotzige SoSein ihrer Kunst, deren Voraussetzungslosigkeit Martin in zahlreichen Essays immer wieder als Ausdruck einer ständigen Suche nach Schönheit beschwört.
Die…