Ursula Maria Probst
Africa Screams
Das Böse in Kino, Kunst und Kult
Kunsthalle, Halle 2, 5.11.2004 – 30.1.2005
Während die Ästhetik der Moderne eine Entmythologisierung des Bösen betrieb und KulturtheoretikerInnen wie Chantal Mouffe und Stuart Hall in einer Moralisierung politischer Konflikte die Gefahr populistischer Tendenzen sehen, wird in der Ausstellung „Africa Screams“ das Böse als Topos eingesetzt, um Zivilisationskritik zu üben. Als Begründung für die Themenwahl wird die Tendenz der aktuellen afrikanischen Kunstentwicklung und Populärkultur zum Genre des Bösen und Okkulten angeführt. In das Ausstellungsprojekt werden verschiedenste Medien und Künste, das Ritual- und Maskenwesen, sowie Horrorfilme, Kalenderdrucke und Comics einbezogen. Befremdend wirken im Ausstellungskatalog verwendete Phrasen wie „an der Peripherie des Bewusstseins, den Rändern der bewohnten Welt liegen seit jeher die Zonen der Bedrohung“ oder „Niemandsbucht“. Die Rezeption afrikanischer Gegenwartskunst wird durchmischt von einer ethnologischen Feldforschung, die neben der Frage nach „political correctness“ auch die nach „ethnological correctness“ aufwirft.
Lässt sich die Reaktion auf die Auswirkungen des neoliberalen Kapitalismus der (Spät-)Moderne auf den afrikanischen Kontinent tatsächlich auf okkulte Praktiken und Repräsentationen des Bösen reduzieren? Oder resultiert die Faszination am Bösen im Ausstellungskontext daraus, dass die Moderne das Böse symptomatisch verdrängte. In der „Dialektik der Aufklärung“ von Horkheimer und Adorno wird das Okkulte als „Fluch des Fortschritts“ beschrieben. Wenn die Ambition des Ausstellungsprojekts darin besteht, sich an die Durcharbeitung des Verdrängten zu wagen, so befindet man sich zwar in der Tradition dieser Kulturkritik, wendet allerdings populistische Methoden an. Denn anders als im Titel der Ausstellung schlagwortartig vorweggenommen wird, lässt sich das Okkulte nicht…