Christian Kravagna
Adrian Schiess
Galerie Nächst St. Stephan, Wien, 29.5. – 27.8.1991
Wenn Adrian Schiess für sich selbst den Begriff Künstler vermeidet und sich statt dessen Maler nennt, seine Produkte aber nicht als Werke oder Bilder, sondern als Bretter, Platten oder Arbeiten bezeichnet, so läßt sich daraus der Stellenwert ermessen, den er dem Metier, im engeren Sinn dem Handwerklichen, beimißt. Die handwerklich aufgefaßte Tätigkeit des Malens ist beschreibbar als das sorgfältige Verstreichen von Farbe auf einer Fläche mit dem Ziel eines glatten, “sauberen” Anstrichs.
Die “Flachen Arbeiten”, die Adrian Schiess in der Galerie Nächst St. Stephan ausgelegt hat, sind Ausschnitte einer nun schon über Jahre sich erstreckenden Produktion solcherart gefertigter Tafeln, deren Materialwahl (Autolack auf Verbundplatten) die distanzierte Haltung des Malers gegenüber kunstspezifischen Erkennungsmerkmalen zum Ausdruck bringt, zugleich aber die unmittelbar sinnliche Wirkung von Farbe vor jeder Form und Kontextualität herausstreicht. Die lackierten Platten, ihr Maß entspricht dem halbierten Industrieformat, sind, der Größe und Proportion der Galerieräume Rechnung tragend, einzeln, zu zweit bzw. als Sechsergruppe auf langen Holzlatten ausgelegt. Der Bezug zur Werkstattsituation fügt sich zusammen mit der Betonung des Materials und der Konstanz der Produktform in eine wesentlich von Kategorien der Arbeit geprägte Auffassung der Malerei: entsprechend einer Farbe vor der Form, einer Malerei vor der Kunst.
Wenn man die “Flachen Arbeiten” von Adrian Schiess auch mit erstaunlicher Selbstverständlichkeit rezipiert und ihnen beinah klassischen Charakter zuzusprechen geneigt ist, so möchte man doch weiter fragen, was es mit der an sich nicht selbstverständlichen Bodenlage von Malerei auf sich hat. Eine solche Überlegung drängte sich…