Adrian Piper
The Probable Trust Registry Fragwürdige Vertrauensgelöbnisse
Hamburger Bahnhof 24.02. – 03.09.2017
von Hermann Pfütze
Kann man, ja soll man wirklich geloben, nie käuflich zu sein, immer zu sagen was man meint, und stets zu tun, was man sagt? Das sind die drei Spielregeln dieser interaktiven Installation, für die Künstlerin und Philosophin Adrian Piper 2015 in Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet wurde. Wer namentlich und schriftlich zustimmt und an den drei Empfangstresen den „Handlungsanweisungen“ folgt, gilt als „wahrscheinlich vertrauenswürdig“. Und wer nicht mitspielt, schließt sich aus dieser edlen Gemeinschaft aus?
Darüber habe ich mit Besuchern der Installation gesprochen. Am ersten Tresen sagt eine junge Frau: „Natürlich bin ich nicht käuflich – aber wenn mein Kind entführt würde, ich erpresst würde? Ich weiß es nicht.“ Ohne Not lässt sich leicht groß reden. Am zweiten Tresen meint eine andere: „Manchmal weiß ich erst, was ich meine, wenn’s schon raus ist. Gilt das auch?“ Und ein junger Mann sagt: „Ja, blöder Spruch aus der Schule: „erst denken dann reden“. Dabei ist es doch der Reiz der Sprache, sich zu fragen: denke ich wirklich, was ich gerade gesagt habe? Am dritten Tresen geht ein älterer Mann auf die Mitarbeiterin zu und sagt: „Ich bringe Sie jetzt um!“ Nach einer Schrecksekunde erklärt er freundlich den Unterschied zwischen grobem Scherz, Affektabfuhr und Tatvorsatz, und alle sind einig, dass es dumm und gefährlich sei, den Worten immer Taten folgen zu lassen und jede Meinung unüberlegt kundzutun. Diplomatie, Dialog und Humor hätten es schwer bei diesen Spielregeln. Ja, es sei…