Heinz Thiel
Adolphe Lechtenberg
Galerie Janine Mautsch, 3.6.-2.7.1988
Die festgefügten Figuren, die in Adolphe Lechtenbergs Gemälden trotzig gegen eine verwirrende (Farb-)Umwelt anstanden, sind in Auflösung begriffen; sie zerstückeln und verflüchtigen sich. Die Figur zieht sich in sich selbst zurück. Die Formen sind die Emanationen der Farben, die wiederum Licht- und Leitfunktionen haben.
Adolphe Lechtenberg macht es dem Betrachter mit seinen neueren Arbeiten nicht leicht, einen Verstehenskontext zu finden. Hatte er in den Arbeiten um die Mitte der 80er Jahre noch die Figur als einen handfesten Erzählgegenstand, so nimmt er ihm jetzt die begrenzenden Konturen und umgarnt oder zerstückelt das Bild zudem noch so weit, daß man nicht mehr weiß, ob man noch von Malerei sprechen kann oder die Bezeichnung Skulptur oder Objekt angemessener wäre.
Eine Klassifizierung ist Lechtenberg nicht wichtig, weil er keinen bewußten Bezug zur Kunstgeschichte herstellen will. Man soll auf das reagieren, was man sieht. Und es soll eine möglichst direkte Reaktion sein, keine mit einer Umleitung über den Kopf. Adolphe Lechtenberg verläßt sich bei diesem Unterfangen auf die Kraft der Farbe, auf narrative Versatzstücke verzichtet er ganz. Die Farbe leitet Emotionen und Blicke; wir verstehen ein Bild so, wie wir es empfinden, und das ist sehr stark abhängig davon, wie der Blick über die Fläche geführt wird. Diese Aufnahme-Situation des Betrachters ist immer gleich und sie ist auch ganz selbstverständlich, aber sie wird selten als ein bewußtes Kommunikationsmittel zwischen Künstler und Betrachter wahrgenommen und eingesetzt. Adolphe Lechtenberg will diesen Aspekt nicht übergehen. Er weiß, daß jedes neue Bild für einen Betrachter…