MARTIN SEIDEL
Adieu Avantgarde.
Willkommen zu Haus
Ludwig Forum für Internationale Kunst, Aachen, 7.2. – 20.4.2003
Die politischen Drohgebärden der aus dem ästhetischen Zirkel ausbrechenden Avantgardekunst sind vergessen, die ästhetischen Schockeffekte als verlässliches Erkennungszeichen der Avantgarden verpufft. Kunst schert nicht mehr aus. Sie reiht sich wieder ein ins Gefüge des wohlgeordneten Kunstbetriebs. All das suggeriert jedenfalls der Titel der Ausstellung “Adieu Avantgarde. Willkommen zu Haus”, der die Besucher ins Aachener Ludwig Forum locken soll.
Der vom Kunsthaus Dresden kommende, seit vergangenem Jahr in Aachen tätige Kurator Harald Kunde hat sechs Künstler der Generation nach ’68 zu einer Produktionsausstellung eingeladen, die die auf breiter Basis 1995 in der Ausstellung der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung in München verkündete These vom Ende der Avantgarde belegen soll. Dabei macht der erste Blick auf die Ausstellung eines gleich deutlich: Auch in Aachen sind die Zeiten vorbei, da Kunst an die Wand genagelt oder auf den Kaminsims gestellt gehörte. Ästhetische Attitüden sind pragmatischen, hier vor allem gesellschaftspolitischen Einstellungen gewichen. Und wenn nicht nur extreme, radikal mit Traditionen brechende ästhetische Innovationsschübe, sondern auch explizite Lebensbezüge ein Kriterium einer im Einzelnen wie auch immer gearteten und wie auch immer zu definierenden Avantgardekunst sind, dann sind in den vorgestellten Positionen Avantgardeansprüche reichlich gegeben.
Die Ost- und West-Künstler, mit denen Kunde teilweise schon in Dresdner Projekten zusammenarbeitete, durchbrechen das geschlossene ästhetische System und begeben sich an die Schnittstellen der Kunst: in die Bereiche der Lebenswelt, der Nichtfiktion, der Architektur und des öffentlichen Raums.
Den Parcours durch die schwer zu meisternden, aber bravourös bespielten Projekträume des Ludwig…