Rainer Metzger
Abstrakt/Real
Museum des 20. Jahrhunderts, 23.11.1996 – 12.1.1997
Das Museum des 20. Jahrhunderts in Wien, vor Ort schlicht “Zwanz’ger Haus” genannt, hat einen schlechten Leumund. Im Niemandsland um den Südbahnhof gelegen, sieht der Pavillon, den Karl Schwanzer der Republik Österreich für die Brüsseler Weltausstellung entwarf, um ihn anschließend in jenem ramponierten Parkgelände unterzubringen, in dem er heute noch steht, aus, als wäre er bei irgendeinem Gütertransport vergessen worden. Das Ausstellungsprogramm ist müde auf Einzelpräsentationen des gut Abgehangenen hin ausgelegt, und bei dem solitären Besucher, der den Weg in den Schweizergarten findet, kann sich die Belegschaft persönlich bedanken, daß er so zahlreich erschienen ist.
Um so größer war die Überraschung, als gegen die von rostigem Stahl und trübem Glas in der Facon gehaltene Tristesse “Abstrakt/Real” anarbeitete. Die Ausstellung war nicht weniger als eine Retrospektive auf die erste Hälfte der Neunziger, und zu den 38 künstlerischen Positionen kam auch noch ein ganz triftiger übergreifender Gedanke – die Vorstellung jedes Kurators, den mehr oder weniger aktuellen Exponaten die zumindest mittlere Einordnung in das große Ganze der Kunstgeschichte zuteil werden zu lassen, führte hier durchaus zu dem Eindruck des Repräsentativen.
Den Ausstellungstitel hatte sich der Verantwortliche der Schau, Lorand Hegyi, der Direktor des Wiener Museums moderner Kunst, zu dem das “Zwanz’ger Haus” gehört, bei Wassily Kandinsky ausgeborgt, der kurz nach der Jahrhundertwende vom “Großen Abstrakten” und ebenso “Großen Realen” gesprochen hatte, von der Reduktion auf eine Art von künstlerischer Essenz, die doch nichts anderes zustande bringen sollte als ein emphatisch in Formen gegossenes Leben. Derlei vitalistisch…