Abdankung des Hier und Jetzt
“Ausstellung B” in der Lothringerstraße München
von Jörg Johnen
In dem Handzettel, den Rüdiger Schöttle, der Organisator der “Ausstellung B” in der Lothringerstraße, zur Information des Besuchers verfaßt hat, heißt es am Schluß: “Die Intention ist, ein Publikum zu schaffen, das mit seinem Bedürfnis in einem formulierten Auftrag an den Künstler herantritt”. Dieses Anliegen ist ziemlich unpopulär in einer Zeit, in welcher man sich auf der Suche nach Identität an den Psychotherapeuten und nicht mehr an den Künstler wendet. Kultur ist zur unverbindlichen Profession einiger Originale geworden. Der kulturelle Rahmen, brüchig seit dem 19. Jahrhundert, das nicht ohne Grund Freud hervorgebracht hat, hat sich gänzlich aufgelöst in der Suche nach dem “wahren Selbst” in einem Psychoboom ohnegleichen. Sowohl im Alltag wie besonders in der Kunst versucht das Individuum den verdinglichten gesellschaftlichen Strukturen zu entkommen durch eine immer flüchtigere und unverbindlichere Entfaltung des Ichs im Hier und Jetzt, in der völligen Trennung von gesellschaftlichem Rahmen und Individuum. Die Architektur als eine öffentliche Kunst erlebte einen einzigartigen Niedergang, während die anderen Künste immer speziellere Regionen erforschten. Die Architekten Aldo Rossi und Leon Krier haben diese Problematik mit als erste erkannt und theoretisch und künstlerisch formuliert. In diesem Zusammenhang muß man auch die meisten der an dieser Ausstellung beteiligten Künstler sehen. Ihre Erfahrungen und Probleme werden als allgemeine Kulturprobleme ausgewiesen und bleiben dadurch als Rezeptionsarbeit für den Betrachter stehen. Die Ausstellung stellt großteils Künstler vor, die weniger an dem Unterhaltungscharakter von Originalität und Expressionismus oder Spezialistentum orientiert sind, sondern deren…