6. von der Magie der Dinge und Stoffe und vom alltäglichen Gift
In der funktionalen Welt ging die Aura als über den meßbaren Nutzen hinausweisende Energie verloren. Ein Stuhl ist ein Stuhl. Eine Waschmaschine eine Waschmaschine. Duchamp kehrte die Dinge einst gleich mehrfach auf den Kopf und transportierte den unauratischen, dem Fließband zu verdankenden Gegenstand, das Urinoir ins Museum, verbrämte ihn mit der Aura der Kunst, um die Aura der Kunst durch den unauratischen Gegenstand zu zerschlagen. Diese konzeptuelle Leistung Duchamps wurde zum Grundstein der Auseinandersetzung mit Kunst und Dingwelt heute. Doch die Fragestellungen haben sich verlagert – in der Kunst und im Verhältnis des Künstler/Menschen zur Dingwelt. Es geht nicht mehr um die Aura der Kunst, es geht um die verlorene Aura der Dinge. Wo diese letzteren allenfalls noch den Charakter von sozialen Repräsentationsfetischen haben, die von der Fortschrittsraserei kaum in die Welt gebracht, schon für die Müllhalde bestimmt sind und so mit wachsender Beschleunigung das Abnehmen von Rohstoffen mit dem Anwachsen von Müllbergen ‘belohnen’, wo mithin jegliche lebendige Beziehung zwischen Produzent und Produkt auf dem rasenden Karussell des Profitwachstums im Rausch verkommt, da bedeutet es etwas, von Magie oder Aura der Dinge zu sprechen.
Um Wachstum (um jeden Preis) zu garantieren, erfindet oder behauptet die Industrie Sachzwänge für den täglichen Gebrauch, erhebt die zweifellos praktischen wie die ebenso zweifellos überflüssigen Dinge zu Garanten des Lebens. Die Warenwelt des funktionalistischen Profit-Kapitalismus hat Fetisch-Charakter in einem Ausmaße, daß dieser zum Selbstzweck werden konnte. »Der kapitalistische Produktionsprozeß ist sich Selbstzweck wie das Massenornament….