HELGA MEISTER
3 Städte
Verlassene Stadt – Ersatzstadt – Ungebaute Stadt
re: Leviathan. Visuelle Formierungen von staatlicher Macht
Kunsthalle Düsseldorf, 13.4. – 10.5.2003
Düsseldorf ist reich an Museen der Gegenwartskunst, da kann es sich die Kunsthalle “leisten”, auf klassische Medien zu verzichten und stattdessen Denkbilder einzufordern. Gefragt sind Symbole staatlicher Macht und fiktiver Städte in heutiger Zeit.
Im großen Saal und auf der Empore springen dem Besucher große Repros grauer Einfamilienhäuser, Hallen, Fabrikationsgebäude und Wassertürme entgegen. Alles ist grau gehalten, als suche ein früher Becherschüler nach seinem Stil. Doch die Motive sind kaum komponiert, auf den richtigen Standort wird kein Wert gelegt. Es handelt sich um Bauten aus Ostdeutschland, darunter merkwürdige Dinge wie eine ehemalige Fronfeste, eine alte Schule, ein Volksbad mit Sauna, eine Fernmeldezentrale, ein Speicher, eine Rinderstallanlage. Denkmalgeschützt ist manches, teilweise hundert und mehr Jahre alt. Wehmut befällt einem angesichts dieser puristischen Reihung, denn unter jedem Gebäude steht nicht nur die ehemalige Funktion und die Straße (der Ort wird verschwiegen), sondern auch ein DM-Betrag. Die Künstler Sybil Kohl und Albrecht Schäfer sowie der Architekt Philipp Oswalt (alle Berlin) haben Immobilienkataloge für Auktionen der Jahre 1999 bis 2002 abgebildet, einschließlich Mindestangebot. Die Preise sind extrem niedrig, ein altes Gefängnis von 1650 in idyllischer Lage unterhalb des Schlossberges hätte man für tausend Mark haben können. Doch niemand will es haben. Der Leerstand derartiger Bauten in Ostdeutschland reicht für 2,3 Millionen Einwohner, das wäre die zweitgrößte Stadt Deutschlands.
“Die Verlassene Stadt”, so die Ausstellungs-Autoren, breitet sich aus wie die Wüste, nicht nur in Deutschland, sondern…