Erwin Wurm
22° C Raumtemperatur
Ein Gespräch von Alexander Braun
Seit der zweiten Hälfte der 80er Jahre steht der 1954 im österreichischen Bruck geborene Erwin Wurm für eine Auffassung von Bildhauerei, für die die haptische Anwesenheit eines Volumens keinesfalls mehr verpflichtender Bestandteil des Werkes ist. Zunächst hatte auch Wurm zu Beginn des letzten Jahrzehnts mit tektonisch mächtigen Behauptungen im Raum begonnen. Aber schon nach wenigen Jahren, frühen Erfolgen und den Unkenrufen der Kritik zum Trotz kehrte Wurm seinen voluminösen, wild bemalten Blechfiguren den Rücken und krempelte sein bildhauerisches Konzept von Grund auf um. Von da an behauptet er nicht länger plastische Phänomene im Raum, sondern beschreibt äußerst sensibel und konzentriert die Rahmenbedingungen für Skulptur, versucht Dreidimensionalität zu suggerieren, ohne sie unbedingt zu zeigen. Wichtige materielle Träger für diese Exkurse in die dritte Dimension sind Kleidungsstücke, die in sich zwar das Diktum der menschlichen Physiognomie tragen, aber auf Grund ihrer Flexibilität zweckentfremdet und transformiert werden können; gewöhnlicher Hausstaub, der in Vitrinen und auf Podesten plaziert einen Gegenstand veranschaulicht, der dort gestanden haben könnte, und schließlich Videos.
Nach Einzelausstellungen u.a. in der Wiener Secession (1991), im Hamburger Kunstverein (1993), in der Villa Arson in Nizza (1993) und der Teilnahme am Aperto während der Biennale in Venedig 1990, waren Wurms Arbeiten der letzten Jahre in einer umfangreichen Wanderausstellung im Museum moderner Kunst in Wien (Dez. 1994 bis Jan. 1995), im Kunstmuseum St. Gallen (4. März – 7. Mai 1995) und im Kunstverein Freiburg (22. Mai – 25. Juni 1995) zu sehen. Neben dem umfangreichen Ausstellungskatalog ist…