2. Ästhetik der Erfahrung
Der fiebrige Hochbetrieb der Achtziger-Jahre-Kunst rief in meinen Augen die von der Avantgarde-Metapher aufgesogene Klugheit der Simulation und Dissimulation herbei, nicht wie zu Avantgarde-Zeiten gegen einen militärischen Gegner, sondern gegen den gierigen Kunstbetrieb und die zu nah aufgerückte Gesellschaft. Mein Schluß war: Nach dem Niedergang der Geschichtsphilosophie und ihres Fortschrittsbegriffs wird die Figur der Avantgarde nicht überflüssig, sie wird zur Lebenskunst, sich im Kunstbetrieb gegen ihn zu behaupten.
Hannes Böhringer
In seiner künstlerischen Disziplin am fordernsten bleibt die coole Geste des Ekstase-Erzeugers, der scheinbar völlig ungerührt an seinen Knöpfen und Reglern dreht, seine Platten ruhig auflegt oder schnell mal eben eine Zigarette raucht. Das Ungerührtsein angesichts tanzender, kreischender, hüpfender Menschen kündet von der Distanz des Produzenten zu seinem Publikum. Die Ruhe angesichts wogender Begeisterung entrückt den Künstler von der durch ihn erzeugten Thermik. Besonders der DJ muß, um die Tanzfläche zu füllen – so Westbam – “eine Sensiblität für die Schwingungen im Raum haben …, eine sehr feine Antenne.”
Ulf Poschardt