Mannheim
1,5 GRAD
Verflechtungen von Leben, Kosmos, Technik
Kunsthalle Mannheim 07.04.– 08.10.2023
von Carmela Thiele
Immer mehr Künstler*innen reagieren auf die zunehmend bedrohlicher werdende Klimakrise. Zahlreiche Ausstellungen loteten in den vergangenen Jahren dieses Feld künstlerischer Neuorientierung aus. Die Ausstellung 1,5 Grad. Verflechtungen von Leben, Kosmos, Technik in der Mannheimer Kunsthalle kann in mancher Hinsicht als ein wichtiger Meilenstein dieser Tendenz gelten. Denn Direktor Johan Holten schuf mit seinem Team einen in viele „Fragmente“ zersplitterten Raum, der dennoch als Einheit wirkt. Der Titel 1,5, Grad verweist auf die 2015 auf der Klima-Konferenz in Paris beschlossene Grenze der Erderwärmung und signalisiert die Dringlichkeit des Themas.
Die Sonderschau wächst vom Erdgeschoss in die Sammlung im ersten und zweiten Stock hinein. Herausragende Werke von Germaine Richier, Marino Marini, Joseph Beuys, Jannis Kounellis und Anselm Kiefer erscheinen in einem neuen Licht. Im Monopol-Podcast äußerte Johan Holten, dass sich dank dieser Strategie eine neue „Perspektivierung“ der aktuellen Kunstproduktion eingestellt habe. Fazit: Viele Aspekte einer Ästhetik des Anthropozäns sind bereits in Werken früherer Generationen angelegt.
Die Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Eva Horn schreibt im Katalog von den „Möglichkeiten der Kunst, die Spürbarkeit des Klimawandels sinnlich fühlbar zu machen“. Wir wissen von der globalen Krise, aber sie geht uns nicht unter die Haut. Da passt es, wenn der Rundgang im Erdgeschoss mit einer Installation des brasilianischen Künstlers Ernesto Neto beginnt.Er möchte Räume schaffen, in denen Intellekt und Körper sich neu verbinden. Dafür lässt er Säulen wie Stalaktiten aus der Decke wachsen. Sie entstehen nicht durch Ablagerungen, sondern durch Schwerkraft, in diesem Fall durch mit…