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Casa del Mutilato
Eine gänzlich andere Architektursprache spricht die CASA DEL MUTILATO. Nahe des Piazza Guiseppe Verdi gelegen, wurde der Erinnerungsort im Auftrag der „Nationalen Vereinigung der Versehrten und Invaliden“ 1939 eingeweiht. Die faschistische Architektur zitiert den Stil eines römischen Tempels mit massiven, klassizistischen Säulen im Eingang und einer kreisförmigen Öffnung des Daches. Hier hängt jetzt ein langer weißer Banner mit der Aufschrift L=(1/2)d v2s CL) – die Formel, mit der der Traum vom Fliegen wahr wurde.
Innen zeigt Cristina Lucas die 3-Kanal-Videoinstallation Unending Lightning (2015). Über allem schwebt der bedrohliche Sound von Bombern. Zehn Jahre recherchierte Lucas sämtliche weltweiten Flugzeug-Bombardements. Im Dezember 1903 startete der erste Motorflug, im Juli 1909 überquerte die erste Maschine den Ärmelkanal, 1911 fielen im Italienisch-Türkischen Krieg die ersten Bomben aus Flugzeugen – das Militär hatte sein bevorzugtes Kampfwerkzeug gefunden. Mitten in dieser glorifizierenden Architektur, in der toten Soldaten als Märtyrer gedacht wird, sehen wir in rasend schneller Abfolge sämtliche seither erfolgten Flugzeug-Bombardements. Britische, japanische, russische, US-Bomben, Bürgerkrieg in Spanien, in Lateinamerika, Bombardierungen in Nordafrika – kein Tag, kein Jahr, nahezu kein Landstrich auf der Erdkugel blieb von Bomben verschont, die Menschen wurden und werden vom Himmel aus getötet. Wer wen wann bombardierte und wie viele Zivilisten starben – Lucas zeigt uns gnadenlos die Todesmaschinerie mit nüchternen Zahlen und geographischen Markierungen. An der Wand zeigt ein einziges Bild die Dichte der Bombenangriffe auf das Deutsche Reich im Zweiten Weltkrieg.