Reinhard Ermen
100 Jahre Alberto Giacometti – Die Retrospektive
Kunsthaus Zürich, 18.5. – 2.9.2001
Museum of Modern Art, New York, 11.10.2001 – 8.1.2002
Der 100. Geburtstag hat nach diesem Ãœberblick gerufen, denn abgesehen davon, dass es in der Schweiz seit René Wehrlis Ausstellung 1962 im Kunsthaus Zürich keinen größeren Rückblick auf das Werk Alberto Giacomettis (1901 – 1962) gegeben hat, herrschte an entsprechenden Retrospektiven andernorts kein Mangel. Unabhängig davon macht diese Retrospektive aber ihren ganz eigenen Sinn, denn fürs Kunsthaus wurde Giacomettis “Palais à quatre heurs du matin” erstmals überhaupt vom Museum of Modern Arts ausgeliehen (exakt zum 100. wird die Ausstellung am 10.10.01 im MOMA eröffnet), und die “Figure dans un jardin”, mit 2,40 m die größte Skulptur des Meisters überhaupt, ist bislang noch nie in der Öffentlichkeit gezeigt worden. Neue Erkenntnisse waren trotzdem nicht zu erwarten, das geradezu paradigmatische Werk Giacomettis ist bestimmt und beschrieben. In Zürich, wo Dank der Giacometti-Stiftung ohnehin ein repräsentative Auswahl permanent gezeigt wird, ist indessen eine vorbildlich gegliederte Ausstellung zu sehen. Die diskrete Farbdramaturgie der Raumfluchten hebt die sinnfällig installierten Exponate. Christian Klemm (gleichzeitig Konservator der AGS) und Tobia Bezzola verraten in jeder Entscheidung eine angemessene Vertrautheit mit der Materie.
Das Paradigma Giacometti meint einen Künstler, der im richtigen Augenblick das Richtige tut, der die Kunstgeschichte unterstreicht, die wiederum ihn bestätigt! Das beginnt schon mit den frühen Arbeiten des hochbegabten Malersohns aus den Schweizer Südalpen, der in Paris als Schüler Antoine Bourdelles erstmals in eine Art ‘Wahrnehmungskrise’ gerät, der er durch kubistische Strategien vorerst entkommt, und…