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Titel: documenta 14 - Rundgang · von Susanne Boecker · S. 176 - 177
Titel: documenta 14 - Rundgang , 2017

03 Tofufabrik

Véréna Paravel und Lucien Castaing-Taylor

Bei der Auswahl der Ausstellungsorte haben sich die Kuratoren der documenta 14 alle Mühe gegeben. Die wohl ungewöhnlichste Location ist die an der unwirtlichen Wolfhager Straße gelegene Tofufabrik. 20 Jahre lang wurde hier Quark aus Sojabohnen hergestellt, bevor die „Pioniere der hessischen Tofu-Szene“ (d 14), György Debreceni und Heike Hellerung, den Betrieb im letzten Jahr verkauften.

Jetzt wird in der ehemaligen Produktionsstätte die Videoarbeit „Commersal“ von Véréna Paravel (geb. 1971 und Lucien Castaing-Taylor (geb. 1968) gezeigt. Ein geradezu makabrer Einfall, denn das Werk beschäftigt sich mit Issei Sagawa (geb. 1949), einem der berühmtesten japanischen Straftäter aller Zeiten, der als „japanischer Kannibale“ weltweit für Schlagzeilen sorgte. Sagawa tötete 1981 die 25-jährige niederländische Studentin Renée Hartevelt. Beide studierten Englische Literatur an der Sorbonne in Paris. Er erschoss sie, nachdem er sie gebeten hatte, ihm ein Gedicht vorzutragen. Dann aß er Teile ihrer Leiche.

Weil sein reicher und einflussreicher Vater intervenierte, wurde Sagawa nach kurzer Haftzeit nach Japan ausgeliefert. Hier verbrachte er einige Monate in einer psychiatrischen Klinik. Er hat seine Tat niemals bereut, sondern erfreut sich bis heute daran und erzählt gerne davon. Im Laufe der Jahre veröffentlichte er fast 20 Bücher darüber, die sich in Japan sehr gut verkauften. Heute genießt er in seiner Heimat den Status eines B-Promis.

Castaing-Taylor versuchen in ihren Arbeiten, die Beziehung zwischen Anthropologie und Kino neu zu definieren. Dafür haben sie an der Harvard University das „Sensory Ethnography Lab“ ins Leben gerufen. Ihre…

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