Reinhard Ermen
Raymond Pettibon
Die Glühbirne leuchtet, als habe es einen schlaftrunkenen Träumer ganz plötzlich erwischt, so gewaltsam knallt das leicht angeschmutzte Gelb; geradezu körperliche Gewalt scheint von dieser Momentaufnahme auszugehen. Andernorts saust eine Dampflokomotive durch das Dunkel, aus dem sie nicht herauskommt. Oft genug herrscht das horror vacui der Linien, die einen Körper, einen Ort oder einfach nur einen Zustand imaginieren und manchmal auch mit den Muskeln ihrer Lineaturen fast schon strangulieren. Raymond Pettibon reizt seine Blätter gerne aus wie ein Bodybuilder, der Schönheit in ein übertrainiertes Hybrid übersetzt. Immer wieder arbeitet er mit pictoralen Erregungszuständen, selbst da, wo er sich anscheinend zurückhält, knistern seine Szenarien vor Spannung. „Ein gutes Werk handelt von einer dunklen Welt“, sagt er 2004 zu Aron Rose. Die Vergangenheit des Zeichners in der amerikanischen Punkszene lässt sich nicht abschütteln: Raymond, der jüngere Bruder des Gitarristen Greg Ginn (Black Flag) entwirft Plattencover für SST Records. Aus Ginn wird Pettibon, der liebevolle Spitzname des Vaters macht Karriere, der Zeichner emanzipiert sich später, denn: „Punk und Kunst sind wie Öl und Wasser“ (noch mal Pettibon zu Rose). Schon Jahre zuvor hat er auf die Frage von Ulrich Loock (Kunstforum 134) „Wie wichtig ist deine Beziehung zur Musik?“ geantwortet: „Völlig unwichtig.“ Doch das sagt er seinerzeit wahrscheinlich nur, um den Kurzschluss von Protest, Punk und Lautstärke abzuwehren, denn Musik ist wichtig, aber es ist nicht die, die man auf der Suche nach der Revolution im white cube erwartet; statt vom Rock, sieht er seine Arbeit vom Jazz der 50er…