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Magazin: Messen & Märkte · von Ingo Arend · S. 428 - 429
Magazin: Messen & Märkte , 1994

Ingo Arend
Der Zauberberg der Bilder

Die Kölner Kunstspektakel

Eine Messe ist eine Messe, ist eine Messe, ist eine Messe. Nichts weiter als ein Markt, sollte man meinen. Doch der Markt lebt vom Mehrwert. Und auch die Art Cologne wäre nicht die Art Cologne, wenn sie nicht jedes Jahr neu so etwas wie ein ästhetisches Surplus verspräche. Mehr als bloß ein Markt, lockt sie wie ein Zauberberg der Bilder. In weiße Boxen hat man das Universum des Leidens an der realen Welt, Kunst genannt, gepfercht. Davor drängen die Nomaden des Alltags, suchen den Vorschein des anderen Lebens.

Die Kunstmesse bündelt eine Passagenwelt, die von dieser Hoffnung auf Verwandlung, Überschreitung lebt. Ein TV-Männchen plärrt in einem viel zu großen, knallorangefarbenen Anzug seine Nachrichtenhülsen von der größten Kunstmesse und der Domstadt in die Kamera. Mit androgynem Lächeln stelzt mir das geheimnisvolle, überall präsente Hermaphroditenpärchen Eva und Adele entgegen. Ein Leben als pinkfarbene Vinylplastik. Längst totgeglaubte Klischees sind quicklebendig. Fasziniert ersteht eine gutbürgerliche dunkelblaue Admiralsjacke mit einer Doppelreihe Goldknöpfe ein kleines, von Antonio Saura schmerzhaft zermaltes menschliches Antlitz, weil es so gut zu Sekretär und Miró paßt. Über die Schwelle der Kunst schreitet man zur ästhetischen Existenz.

Gleich scharenweise flüchtet das Leben in das bessere Leben der Kunst. Es nomadisiert ihr in einer nächtlichen Karawane hinterher und trifft doch nur auf das Unentrinnbare der eigenen Existenz. In einem der ästhetischen Stützpunkte des alljährlichen Kölner Kunstspektakels, dem Galerienrundgang, spiegelt man sich entzückt und verwirrt in einer riesigen Glasinstallation des neuen Szenestars, des Amerikaners Damien Hirst. Der hermetische, in…


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