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Essay · von Winfred Gaul · S. 238 - 242
Essay , 1976

Winfred Gaul
Versuche zu einer Kritik der Malerei

‘Neue Malerei’

Im April 1973 wurde in Livorno die Ausstellung ‘tempi di percezione’ eröffnet, im gleichen Monat in Mailand die Ausstellung ‘arte come arte’.

Die Livorneser Ausstellung umfaßte Künstler aus Italien, Deutschland, Belgien und England, war somit bewußt auf Künstler aus dem europäischen Raum beschränkt, während die Mailänder Ausstellung ausschließlich amerikanische Künstler (aus Mailänder Privatbesitz) zeigte.

Durch die nichtgeplante und gänzlich zufällige Gleichzeitigkeit zweier Ausstellungen mit scheinbar gleicher künstlerischer Tendenz konnte der Eindruck entstehen, als sollte hier wieder einmal die alte Rivalität Europa-Amerika ausgespielt werden. Zumindest den Initiatoren der Livorneser Ausstellung kann ein solcher Vorwurf nicht gemacht werden, da ihre Ausstellung von vorneherein konzipiert war nicht als Konfrontation, sondern als eine erste Information über gewisse Trends in der Malerei, die eine Reihe von europäischen Künstlern miteinander in Kontakt gebracht hatte. Die Beschränkung auf europäische Künstler hatte keine politischen, sondern ausschließlich finanzielle Gründe. Was indes diesen beiden Ausstellungen ihr historisches Gewicht gibt, ist die Tatsache, daß sie, gewollt oder ungewollt, eine Entwicklung in Gang gebracht haben, die noch nicht abgeschlossen ist und die in kurzer Zeit zu einer Flut von Ausstellungen1 mit wechselnden Beteiligungen, wechselnden Titeln und wechselnden politischen und kommerziellen Interessen geführt hat, deren einziger gemeinsamer Nenner Malerei war.

Damit wurde die Aufmerksamkeit auf eine Tatsache gelenkt, die bis dato unbeachtet geblieben war, daß nämlich die seit Jahren von der Kritik totgesagte Malerei so tot gar nicht war, sondern sozusagen im Untergrund überlebt hatte.

Als Maler ist man natürlich à priori an Malerei interessiert und möchte die ‘Wiederentdeckung’…


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