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Titel: Globale · von Michael Hübl · S. 176 - 187
Titel: Globale , 2015

Die Stadt ist der Star

Kunst an der Baustelle – Unterschwellige Botschaft
von Michael Hübl

Ein Musterbeispiel dafür, wie man von einer idiomatischen Redewendung zu einem schlagkräftigen Slogan gelangt, lässt sich an den urbanen Interventionen der GLOBALE beobachten. Die Herausforderung lautete zunächst: Aus der Not eine Tugend machen. Denn Karlsruhe feierte seine Gründung im Juni 1715, und da sollte und wollte das ZKM im Rahmen der Globale mit künstlerischen Beiträgen in den Straßen und Plätzen der Stadt präsent sein. Alles kein Problem, wäre, wie in fernen Zeiten von der Kommune verlautbart, der Bau der so genannten U-Strab (Unterpflasterstraßenbahn) abgeschlossen gewesen. Doch da in Deutschland bei öffentlichen Bauvorhaben offenbar nicht mehr MEZ, sondern BER, also statt der Mitteleuropäischen Zeit das Zeitmaß des Berliner Großflughafens gilt, wurde auch in Karlsruhe der anvisierte Termin nicht eingehalten, so dass die City just im Jubiläumsjahr eine weiträumige Mehrfachbaustelle bildete. Das ZKM war indes durch Bagger, Bohrmaschinen und aufgebuddeltes Erdreich nicht zu irritieren, deklarierte die Baustellen zu urbanen Kunstorten und gab die Devise aus: „Die Stadt ist der Star“.

Zentraler Blickfang wurde „Pulled by the Roots“ von LEANDRO ERLICH. Die fiktive Rekonstruktion eines Bürgerhauses aus dem frühen 19. Jahrhundert schwebte an einem Baukran über dem Markplatz, einem Hauptwerk des deutschen Klassizismus, und korrespondierte mit den Architekturen von Friedrich Weinbrenner, dessen Formensprache Erlich für seine Konstruktion übernommen hatte. Aus dem Boden dieses potemkinschen Gebäudes stak Geäst und suggerierte, das Haus sei tatsächlich – wie im Titel angedeutet – entwurzelt worden. Global gesehen ließ sich Erlichs Arbeit als Metapher für den…


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