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Ausstellungen: Lissabon · von Doris von Drathen · S. 353 - 354
Ausstellungen: Lissabon , 2013

Doris von Drathen
Rui Chafes

»Stille Wunde des Ja, Messer des Nein«
Galerie Filomena Soares, Lissabon, 14.3. – 25.5.2013

Ein lichtundurchlässiger Vorhang wird geöffnet. Wir betreten eine so dichte Finsternis, als könnten wir sie einatmen, als würde sie bei jedem Luftholen immer mehr ins Körperinnere dringen. Blicksperre. Ungewisses Tappen. Die Schritte hallen. Der Raum klingt sehr hoch, groß und leer. Unheimliches im Kreis gehen, bis wir im Schock innehalten. Die Nacht reißt. Über unseren Köpfen zerschneiden fünf schwankende Lichtschlitze das Gewebe der Dunkelheit. Je näher wir sie fassen wollen, desto heller und gleißender wird ihr Licht. Der tastende Blick verbrennt sich. Schwarz vor Augen, auf sich selbst geworfen, beginnt ein unaufhaltsames Fallen, ein Stürzen durch den Raum, durch den eigenen Körper, der uns abhanden kommt, als würden wir einem unbekannten Abgrund, einer ohrenbetäubenden Stille zustürzen, einem weißen Rauschen. In Ohnmacht fallen. Einen kleinen Tod sterben. Der eigenen Bewußtseinsgrenze begegnen, dem Riß durch die Zeit.

Das rationale Begreifen ist außer Kraft gesetzt. Stärker noch als je zuvor im Werk von Rui Chafes erfordert diese neue Arbeit „Stille Wunde des Ja, Messer des Nein“ von 2013, den gesamten Empfindungsradar der sinnlichen Wahrnehmung. Der Künstler, der nach seinem Bildhauerstudium in Lissabon der 1980er Jahre zu Beginn der 1990er nach Düsseldorf ging, dort zwei Jahre blieb, bei Gerhard Merz arbeitete und im „Nebenfach“ Novalis ins Portugiesische übertrug, mißtraut den üblichen Trennungen zwischen sogenannter „zeitgenössischer“ und „historischer“ Kunst. Für Chafes, den die revolutionäre Haltung eines Renaissancekünstlers wie Tilmann Riemenschneider beeindruckt, zählt nur dies, ein Kunstschaffen als Seins-…



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von Doris von Drathen

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