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Ausstellungen: Coburg · von Christiane Fricke · S. 340 - 341
Ausstellungen: Coburg , 2003

CHRISTIANE FRICKE
Sabine Kacunko: Leben

Kunstverein Coburg, 6.4. – 18.5.2003

Das letzte Negativ, das der Geomikrobiologe Professor Wolfgang E. Krumbein auf Wunsch der Düsseldorfer Künstlerin Sabine Kacunko (geb. 1963) mit Mikroben impfen ließ, ging irgendwo in seinem Institut an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg verloren. Deshalb kam beim Aufbau ihrer Installation “Leben” im Kunstverein Coburg ein bereits vor 12 Monaten besiedeltes Exemplar zum Einsatz. Die Künstlerin staunte nicht schlecht, als sie die Vergrößerung auf der Rückprojektionsleinwand in Augenschein nahm. Wo zuvor unförmige, zitternde Partikel inmitten farbenprächtiger Sprenkel zu beobachten waren, zuckten nun die Beinchen winziger Tierchen.

Vom ursprünglichen Motiv auf dem Negativ, einem monumentalen Tierschädel, keine Spur. Aufgefressen von Mikroorganismen, die sich an den gelatinereichen Filmschichten delektieren und nichts als Exkremente hinterlassen: Pigmente, schöner als Manzonis, in Dosen konservierte “Künstlerscheiße”, fast so schön wie Jackson Pollocks furios besprenkelte und bekleckste Leinwände, ihnen aber letztlich überlegen, da die ästhetisch wirkenden Mikroben an einem “work in progress” arbeiten und dabei zugleich eine Schutzschicht gegen zu hohe Strahlung produzieren. Dies alles wird 15 mal pro Sekunde von einer digitalen Netzkamera festgehalten und in Echtzeit projiziert.

Im Coburger Kunstverein, dem mitgliederstärksten und ältesten Kunstverein Bayerns, gedeihen die in Makrodimensionen vorstoßenden Mikroben auf naturwissenschaftlich einst aussichtsreich bestelltem Boden: in der ehemaligen Vogelvolière von Ferdinand, Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha (1861-1948), Zar von Bulgarien seit 1908. Politisch glücklos widmete sich der nach seiner Abdankung im Jahr 1918 in Coburg privatisierende Ex-Monarch umso leidenschaftlicher seinen naturwissenschaftlichen Interessen. Sofia verdankt ihm den ersten zoologischen Garten auf dem Balkan, Coburg eine immerhin…


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von Christiane Fricke

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