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Titel: Sinnpause · von Michael Hübl · S. 152 - 157
Titel: Sinnpause , 1985

Der ,,Keim aller Möglichkeiten, der in seiner Entwicklung zu fürchterlicher Kraft anwächst” – 70 Jahre danach
Die Arbeiten Harald Frackmanns und anderes in schwarz

»Frackmann, Steinkreuz« – lapidarer Titel eines Kataloges, der erscheint zur Installation eines Antikriegsbildes in der Gnadenkirche, St. Pauli Nord. Abgedruckt sind da: »Blätter aus dem Weltatlas des Todes«. Eine Art Tagebuch, seit über sechzehn Jahren geführt, mit Unterbrechungen. Paraphrasen auf ein ewig gleiches Thema. Eindeutig auf den Tod bezogen, wie jene Blätter, in die Fotos von Leichen oder Kadaverhaufen gleichsam bürokratisch mit Tesafilm eingeklebt sind; anschließend von Frackmann übermalt. Anderes bleibt nur Geste, ohne Illustration – mal ein Skelett evozierend, mal einen Schmerzensmann; mal sind es gezeichnete Kreuzchen, sperrig wie Stacheldraht, mal sind es gemalte Vergitterungen. Schwarz und immer wieder schwarz. Das ist die »Farbe«, mit der Frackmann arbeitet. Die Farbe des Todes. Die Un-Farbe, deren supremste Variante Malewitsch erfindet. Daß er mit seinem Schwarzen Quadrat keinen viereckigen Schlußpunkt gesetzt hat, zeigt vier Jahre nach dessen erster Präsentation Alexander Rodtschenko mit seinen dynamischen Antworten auf Male-witschs »Weißes Quadrat auf weißer Fläche«. Titel der Rodtschenko-Arbeiten: »Schwarz auf schwarz«. Ein Thema des 20. Jahrhunderts. Noch die Erinnerung an den Terror des 2. Weltkrieges im Hintergrund schreibt Adorno in seiner »Ästhetischen Theorie«:

»Um inmitten des Äußersten und Finstersten der Realität zu bestehen, müssen die Kunstwerke, die nicht als Zuspruch sich verkaufen wollen, jenem sich gleichmachen. Radikale Kunst heute heißt soviel wie finstere, von der Grundfarbe schwarz. Viel zeitgenössische Produktion disqualifiziert sich dadurch, daß sie davon keine Notiz nimmt, etwa kindisch der…


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