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Titel: Documenta 7 - Ein Rundgang · von Georg Jappe · S. 26 - 29
Titel: Documenta 7 - Ein Rundgang , 1982

Nullprozentiges Goldwasser

Nachsätze zur d7
von Georg Jappe

Vor zehn Jahren stand der Mann auf dem Dach, über der Inschrift “Kunst ist überflüssig”, und schrie sinnlose Silben auf die Menschheit herab. Jetzt steht sein goldener Thron im Turmgeschoß, von schwarzem Vorhang umschlossen, Betreten verboten. Im Entrée – wo Gachnang am liebsten geschrieben hätte: Betreten verboten, Schuhe aus! – die goldene Säule, ausdrücklich als Symbol der d7 bekräftigt auf der Pressekonferenz, sie ist die Spitze einer für Berlin geplanten endlosen Säule, höher als Sieges- und Brancusi-. Nicht die Spitze, der große Sockel fehlt noch. Flankiert von der goldenen Wand, die ein gekürztes Selbstzitat von 1975 ist, und von Fabros vergoldeten Schwierigkeiten mit dem Raum. Das goldene Bad, von Kondenswasser verwischt, einer ehemaligen Filmerin, die goldene Kugel eines ehemaligen Attitüden-Künstlers, gemalte Goldscheiben eines Jungitalieners – da nimmt sich die vergoldete Minarettspitze auf Sockel verloren aus, zu Buthe gehörte das Gold schon immer, aber als Flitter fürs Lebensfest (vielleicht gab er deshalb sein besseres Ensemble zur Kampnagel-Fabrik). Goldene Ganzmasken auf dem Friedrichsplatz haben die Zeichen der Zeit begriffen. Beuys schmilzt eine imitierte Zarenkrone, “ein Symbol der Gewalt”, zu ihrem Goldwert zurück auf Basaltsteinen, die selbst eine Demonstration von Macht und Gewalt sind und nicht rosa angepißt werden dürfen.

“Goldwasser – Goldwater. Bitte helfen Sie sich selbst. Dieses Wasser ist reines Brunnenwasser mit purem Blatt-Gold. Getrunken hat es eine reinigende Wirkung auf den Körper.” Schiefes Deutsch, aber eine klare Aussage: nicht Danziger Goldwasser, Assoziationen zu Solidarität – nullprozentiges Goldwater im Apollo-Saal, dem einzigen wirklichen Tempelraum in diesem Götzenrummel….

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