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Titel: Zeichnen zur Zeit II · von Reinhard Ermen · S. 375 - 377
Titel: Zeichnen zur Zeit II , 2009

Reinhard Ermen
Karoline Bröckel

Karoline Bröckel sieht etwas, sie verfolgt eine Bewegung und gleichzeitig entsteht die Zeichnung, als unmittelbare Übertragung einer Wahrnehmung in eine lineare Bewegung. Es gibt nicht das typische ‚Vorher’ und ‚Nachher’ beim Arbeiten in der Natur, Hinschauen und Festhalten sind eins. Das Bild kommt direkt, fast wie beim EKG. Im Sehen entsteht die Zeichnung sozusagen blind, – nur so, in einem Paradox, ist die Unmittelbarkeit dieser Arbeit zu fassen. Der Aufzeichnungsvorgang ist der Hand und ihren Gesten anvertraut, die ihre entsprechenden Impulse erhalten; der Blick hängt am Gesehenen, er kontrolliert nicht das Gezeichnete. Gesehen werden zum Beispiel die Flugbahnen der Schwalben, in seltsam kurvigen Gebilden; wer nicht weiß, was zu Grunde gelegen hat, bemerkt lediglich die abstrakten, gleichsam freischwebenden Notate, deren offensichtlichen Zusammenhalt man sich aber nicht erklären kann. Alles, was man beim Stichwort Vogelflug assoziieren mag, die festgefahrenen Abbildungstraditionen sind aus diesen Protokollen gewichen. Und wenn trotzdem hinter der Standard Bezeichnung „o.T.“ in der Klammer die entsprechenden Anlässe in Klammern angegeben wird, (eben Schwalben), klärt das nur ein wenig, denn die Vögel sind längst irgendwo anders, so unabhängig hat sich die Lineatur als Zeichnung realisiert. Fast aus dem Nichts, ohne sichtbare, zumindest kenntlich gewordene Vorbereitungen tauchte diese Position vor wenigen Jahren im Blickfeld der Zeichnung auf. Die biographischen Angaben der Künstlerin sind sparsam und fast ein weinig schüchtern. Eine Akademie oder eine ähnliche Bildungsanstalt muss nicht genannt werden. Im wahrsten Sinne des Wortes formuliert sich hier ein zeichnerisches Naturtalent, vielleicht sogar ein spätes Wunderkind, das nach womöglich…


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