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Ausstellungen: Bremen · von Renate Puvogel · S. 307 - 309
Ausstellungen: Bremen , 2001

RENATE PUVOGEL
ohne zögern

Die Sammlung Olbricht Teil 2
Neues Museum Weserburg und Gesellschaft für Aktuelle Kunst,
Bremen, 3.6. – 16.9.2001

Die einzige Darstellung seiner selbst, die er zulassen könne, sei die Skulptur “Doktor” (1997/99) von Katharina Fritsch, so Thomas Olbricht. Bei der lebensgroßen Polyesterfigur umhüllt die aseptisch weiße Medizinerkleidung ein Körperskelett, von welchem nur Hals mit Schädel und geisterhafte Hände herausragen. Olbricht, von Haus aus Biochemiker, arbeitet als Endokrinologe an der Universität in Essen und sieht sich in seinem Berufsalltag im Kampf gegen den Tod immer wieder an die Grenzen ärztlicher Fähigkeiten geraten. Seine Selbsteinschätzung geht in sofern fehl, als das Gros der Ausstellungsstücke eine weit größere Sinnlichkeit ausstrahlt als das angebliche Alter Ego; erweitert man den Überlebenskampf aber um den Konflikt zwischen Eros und Thanatos, dann hat man das Spielfeld im Blick, auf welchem die Verwandtschaften und Gegensätze der Werke ausgetragen werden. Um Grenzerfahrungen geht es bei sämtlichen Ausstellungsstücken der über 100 vorwiegend jungen Künstlerinnen und Künstler. Denn egal, welchen thematischen Schwerpunkt die Künstler setzen, ob es sich um Körper, Sexualität, Erotik, Gewalt, Behausung, Intimität oder Tod handelt, stets werden Maß und Ausgewogenheit überschritten, Grenzen ausgelotet zugunsten von Übersteigerung, schonungslosem Offenlegen, Schock und Aggression. Daher berühren, verstören, verletzen oder empören die Werke unmittelbar, ehe sich der Verstand überhaupt korrigierend einschalten kann. Mit vergleichbar spontaner, subjektiver Leidenschaftlichkeit, also “ohne Zögern” und ohne große Neigung zu theoretischer Herleitung und Überfrachtung trägt Thomas Olbricht seit mehr als zehn Jahren seine Sammlung zusammen. Nicht wenige Werke gehen mehr oder weniger unter die Gürtellinie,…


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