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Ausstellungen: Berlin · von Claudia Wahjudi · S. 332 - 333
Ausstellungen: Berlin , 2000

Claudia Wahjudi
Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

»Finnische Kunst der 90er Jahre«
Haus am Waldsee, Berlin, 2.10. – 28.11.1999

Feuer lodert im Foyer. Flammen schlagen aus der Zimmerdecke, züngeln am Teppich, haschen nach den Vorhängen. Jyrki Parantainens Fotografien zeigen inszenierte Gewalt: Der Künstler zündelt in Abbruchhäusern und verlassenen Fabriken, die er zuvor mit Dingen des täglichen Lebens ausgestattet hat, und hält diese Interieurs “vor und nach den Flammen” fest. Spiegel, Tisch und Kühlschrank fallen diesen genauso zum Opfer wie Bücher, Fotos, Briefe. Parantainen vernichtet das Persönliche und dessen Erinnerungsstücke: Dinge, die auf unbekannte Biografien verweisen und auf die Geschichte, die hinter diesen Biografien steckt, an Kriege, Besatzungen und Grenzverschiebungen. Denn Parantainen stiftet auch in hochpolitischen Häusern Brand, zum Beispiel in Estland in verlassenen Gebäuden der Roten Armee.

Parantainens Arbeiten machen im Foyer des Hauses am Waldsee den Auftakt. Somit könnten sie als These der Ausstellung gelesen werden: als Aufforderung zur Befreiung von der Vergangenheit, als Anspielung auf das Feuer, aus dem Phönix ersteht, oder mit Nietzsche, den die Ausstellungsmacher im Katalog zitieren: “Erinnern ohne Vergessen macht das Leben unmöglich” – “göttlich ist des Vergessens Kunst”. Kunst aus Finnland also als Katharsis, die nach dem Fall des Eisernen Vorhangs mit all dem Erinnern, Mahnen und Aufarbeiten der Verbrechen dieses Jahrhunderts aufräumt, als Befreiungsschlag pünktlich zum Millenniumstaumel? So einfach ist es dann doch nicht.

“Auf der Suche nach der verlorenen Zeit” heißt die Ausstellung, die Barbara Straka, Leiterin des Haus am Waldsee, zusammen mit Tero Laaksonen bereits 1998 als “II. Triennale der Finnischen Kunst”…



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