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Essay · von Florian Rötzer · S. 62 - 72
Essay , 1995

Florian Rötzer
Alles ein Spiel mit tödlichem Ausgang?

Vom Homo Ludens zum Ludo Globi

I. Muster der Erlebnisgesellschaft

Computer- oder Videospiele haben mit ihrer interaktiven Schnittstelle ein neues, offenbar für viele faszinierendes und auch für die Spielehersteller und -vertreiber lukratives Element in die Welt der Spiele gebracht.1 Mit ihrer Ausbreitung schwillt auch die kulturkonservative Kritik wieder an, die in jedem neuen Medium den Untergang des Abendlandes und des Humanismus sieht. Man muß aber nicht über die gleichen, offenbar unbeirrt über Jahrhunderte hinweg tradierten und so offenbar ihrer eigenen Geschichte gegenüber unkritischen Kritiken an jedem neuen Medium als Repräsentant des diagnostizierten Kulturverfalls sprechen, um dann zum erwartbaren und langweiligen Ergebnis zu kommen, daß es entweder des Teufels oder im Kern positiv sei, wenn man nur die Mißbräuche abstellen würde. Sehen die einen in einer Technik oder einem Medium Verderbliches hausen, das, einmal wie die Büchse der Pandora geöffnet, die Menschen wieder ein Stück weiter in den Untergang führt, so die anderen nur ein an sich neutrales Werkzeug, das man so oder so benutzen kann. Die Kinder und Jugendlichen, die Unwissenden, Verführbaren oder Haltlosen sind in der Regel diejenigen, die man zu ihrem eigenen Besten schützen muß, während auf der anderen Seite die skrupellosen Geschäftemacher und Herrscher stehen, die sie, wenn schon nicht mit Brot, so dann wenigstens mit Spielen in ihrer Unmündigkeit halten oder sie erst in sie hineinführen wollen. Dazwischen stehen die warnenden Propheten, deren Versprechen oft genug nichts Gutes mit sich bringen, wenn sie ihren Kampf gegen das Böse in eine Gesellschaftsordnung…


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