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Titel: Kunstforum-Special: Sponsoring · S. 230 - 243
Titel: Kunstforum-Special: Sponsoring , 1989

Martin Disler
Der letzte Künstler des Jahrtausends

Auszüge aus der Rede des Künstlers Martin Disler auf der “art opening”-Tagung vom 13./14. Juni 1988 in Basel. Der vollumfängliche Wortlaut des Vortrags wurde vom Basler Wiese Verlag in der Anthologie zum Thema “Kunst als Ausdruck der Unternehmenskultur” in diesem Jahr publiziert.

Falls Sie hier die Übernahme der Kunst durch die Unternehmenswirtschaft feiern – ich bin nicht deswegen gekommen. Ich bin gekommen, für Sie den letzten Künstler des Jahrtausends zu zeichnen!

Ihn hat niemand erwartet – er erscheint, wo ihn keiner eingeplant hat. Die unendlichen Mächte des Imaginären hatten mit ihm etwas anderes vor, als die zunehmend schneller um sich selbst drehende Kulturmaschine ihm einen Platz zuweisen wollte. Er wurde gejagt, man wollte ihn zwingen, einen fremden Auftrag anzunehmen. Beinahe ist er zermalmt worden von den voreiligen Übereinkünften, verschluckt von denjenigen, die ihn für sich reklamierten, ohne mit ihm zu rechnen. Und mit ihm rechnen heißt, seine unstillbare Sehnsucht nach dem Absoluten nicht unter den Tisch zu wischen. Er taucht plötzlich vor Ihnen auf – das Vexierbild Ihrer Ausbruchsträume unter dem Arm. Sein Bild fällt zweckfrei aus dem allgemeinen Vergessen, es ist ein blutiger Fleck auf der ordnungsgemäßen Mattscheibe, eine frech klaffende Wunde der Unendlichkeit und Schönheit, die nicht mehr vertuscht werden kann, auch nicht in den Sitzungssälen der Wirtschaftsimperien. Sein Bild gleicht der zerkratzten Wand einer Gefängniszelle. Es sind die Spuren, die der Opfertänzer im Sand hinterläßt, wenn er sein Denken und das allgemeine Denken vergessen hat, wenn er sich in unaufhörlichen Wirbeln verschenkt. {…}

Er…


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