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Titel: documenta 8: Kunst auf dem Prüfstand · S. 68 - 69
Titel: documenta 8: Kunst auf dem Prüfstand , 1987

documenta 8: Kunst auf dem Prüfstand

Herausgegeben von Stephan Schmidt-Wulffen

Sie kommt nicht mehr richtig auf Touren, es klappert im Getriebe und die Spur hält sie auch kaum mehr. Nur das Styling findet immer mehr Anklang. Genügend Gründe, die zeitgenössische Kunst einer Betriebsprüfung zu unterziehen. Wo allerorten vom Ende der Moderne, von den Geburtswehen einer ominösen »Post-Moderne« gemunkelt wird, liegt es ohnehin nahe, eine nur in halben Dezenien daherkommende Großausstellung in einen TÜV zu verwandeln, um – wie Peter Iden sich treffend ausdrückte – »den hektischen Kunstbetrieb auf seinen Gehalt an Wirklichkeit hin zu überprüfen«.

»Von der Struktur zur Metapher«: Getreu einem ihrer Wappensprüche scheint diese documenta also keineswegs zufällig Fahrzeuge aller Klassen zu versammeln, von Rahmann/Kleinefenns geblendeten Golf bis zur Klapperkiste von Robert Strawbridge Grosvenor, von Richard Baquie’s seziertem Plymouth bis zu Bustamentes Kristallkarosse auf verschnörkeltem Stilmöbel.

Ange Leccias nachtblauer Mercedes wirkt nicht nur wie ein ironisches Apercu auf den Moralismus der Macher, die die Kunst jenseits von Mode und Markt zeigen wollen. Mit ihrem verwickelten Bezug zu den harten Tatsachen steht diese Ready Made-Skulptur auch für eine der interessantesten Tendenzen dieser documenta. Sozusagen subkutan läßt sich da eine Variante zum offiziell propagierten Thema »Autonomie« beobachten. Um die Kluft zwischen hehrer Kunst und nacktem Leben zu überspielen, rekrutieren Künstler ihr Vokabular direkt aus besagtem Leben.

»Autonomie« jedenfalls ist der Begriff, um den sich in Kassel alles dreht. Er stellt sich als Herzstück des Syndroms heraus, das die Ausstellungsmacher mit dem Schlagwort von der »gesellschaftlichen Dimension« nur unangemessen therapierten: Zweifellos sind viele Künstler mit ihrer…

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