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Monografie · von Klaus Honnef · S. 150 - 155
Monografie , 1975

Klaus Honnef
Carmen-Gloria Morales

Ein Medium ist zunächst einmal nichts anderes, als ein Mittel, mit dessen Hilfe man sich einem menschlichen Partner verständlich macht. Das erste Medium in der Menschheitsgeschichte war die gesprochene Sprache. Sie ermöglichte jene Solidarität, welche die Urzeit-Menschen in die Lage versetzte, die a priori übermenschlichen Anforderungen der Natur zu bewältigen. Damit sicherte sie ihr Überleben.

Eine in struktureller Hinsicht kompliziertere Variante des Mediums Sprache trat erheblich später in Gestalt des getreuen Ab-Bildes der Natur hinzu. Das Medium Bild diente zwar ebenso wie das Medium Sprache zur Verständigung über die anstehenden Fragen der unmittelbaren Existenz-Sicherung, wies aber bereits die Tendenz auf, den Partner vom Dialog zwischen dem Gegenstand, den das Bild-Medium vermittelt, und dem Subjekt, das die vermittelte Information aufnimmt, auszuschließen.

In einer gerade noch vertretbaren Vereinfachung des Tatbestandes könnte man sagen: Während das Medium Sprache im Prinzip die Aktion, das menschliche Handeln herausfordert, die spontanen Beziehungen zur Wirklichkeit also beständig erneuert, stiftet umgekehrt das Medium Bild tendenziell eine Distanz zur Wirklichkeit, indem es den direkten Kontakt zur Wirklichkeit durch die Herstellung und Anschauung eines Wirklichkeits-Abbildes ersetzt. Die Jagdtiere der Höhlenmalerei wurden durch die Instrumente der Malerei getötet – nicht durch die der Jagd. Im naturgetreuen Abbild erfüllte sich der Tötungsakt, wohingegen der reale lediglich Formsache war.1

Die innewohnende Eigenschaft des Abbildes, sozusagen eine Wirklichkeit eigener Natur auszubilden, die sich wie ein Filter vor die eigentliche Wirklichkeit schiebt, hat sich erst in den letzten fünfzig Jahren voll entfalten können. Die Voraussetzungen dazu schuf die Entdeckung der Photographie, deren auf technischem Wege…


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