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Essay · von Georg Jappe · S. 68 - 70
Essay , 1975

GEORG JAPPE
Ein Silberstreif?

Kennedys Wort, er sei stolz auf die Lebenden Künstler seines Landes, hat der amerikanischen Kunst mehr Selbstbewußtsein, Prestige und internationale Ausstrahlung verschafft, als es alle Subventionsmaßnahmen vermocht hätten. Sieht man sich allerdings die Lebensläufe der amerikanischen Spitzenkünstler an, so sind sie fast alle von Roosevelts künstlerischem Entwicklungsprogramm W.P.A. gefördert worden. Pompidou, ein Mann ganz anderer Couleur, beschwor zwar bei seiner direkten Maßnahme, der sogenannten Pompidou-Ausstellung, den Konflikt zwischen Staat und kritischer Kunst herauf; er besaß aber eine in Fachkreisen sehr geachtete Sammlung zeitgenössischer Kunst, mit der er sich auch im Fernsehen zeigte. Und wenn Giscard d’Estaing mit präsidialer Geste im Figaro schreibt: ‘Ich ergreife Maßnahmen für die Schriftsteller’, so betont er damit, daß er nicht nur ein Kulturbewußtsein hat, sondern auch eine Schatulle, es zu speisen.

Willy Brandts Gedanke an eine Nationalstiftung ist nicht, wie befürchtet worden war, mit seinem Rücktritt untergegangen. Das Bundesinnenministerium hat einen Gesetzentwurf vorbereitet zur Gründung einer Deutschen Nationalstiftung, für die bereits im Haushaltsplan 1976 25 Millionen Mark bereitstehen. Nach Anhörung der in Frage kommenden Berufsverbände und Fachgremien ist die ursprünglich ziemlich konservative Fassung einem weit offeneren Konzept gewichen. (In diesem Zusammenhang ist nicht ohne Interesse, daß der Bund und die Mehrheit der Länder unter Vorsitz von Innenminister Maihofer schließlich für eine nicht so sehr repräsentative als progressive, aktualisierte Nationalgalerie unter Honisch gestimmt haben.)

Zunächst, was die Nationalstiftung nicht sein will: keine Sammlung von Repräsentationskunst; keine Zusammenfassung bisheriger kultureller Leistungen des Bundes noch Ersatz für bisherige Länderinitiativen; kein Kulturkonzern; keine Sozialförderung; kein Gießkannenprinzip.

Hingegen, der Deutschen…


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