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Essay · von Peter Sager · S. 188 - 188
Essay , 1973

PETER SAGER
MAKE UP ART

Die Frau schminkt sich, die Dame macht Make-up, Dior macht Make-up-Art. Es riecht nicht, es duftet nicht, es sieht nur so aus. Als sei’s ein Hauch von Delaunay, von Modigliani oder Kees van Dongen. Warum diese Bilder nur ansehen, warum das Gesicht nicht selbst zum Bild machen im Stil dieser Maler? Die Verbindung von Kunst und Kosmetik: ‘bildschön’ – die Sprache hat es uns längst ins Gesicht gesagt. Und Serge Lutens, der Make-up-Macher, der Créateur Visagist, der gibt Ihnen nun ein Kunstgesicht, zum Aufhängen schön. So impressionistisch expressiv, so Twiggy-dünn und Golden Twenties, so ganz von gestern, so nostalgisch à la Mode. Sich schminken, sich schmücken: das Gewerbe ist Kunst, nicht Kunstgewerbe. Das rührt tiefere Schichten, das ist was für die oberen Schichten, das muß in die Kunsttempel. Dior bat zur Kunst, ließ Champagner und Fotomodelle einfliegen, zuerst nach New York ins Guggenheim-Museum und jetzt nach Köln. Der Kunstvereinsdirektor machte gute Miene zum Publicityspiel, verlängerte seine Op Art-Ausstellung vollends ins Dekorative und sprach von den vielen Gesichtern der Body Art, von Timm Ulrichs bis Klaus Rinke. Und siehe, schon hatte die Make-up Art die höheren Weihen, die Aura der Avantgarde, und die kollektiven Mythologen der Image-Industrie machten popvergnügte Gesichter. Curd Jürgens sagte ‘c’est formidable’, und Rainer Barzel kam auch, er hat nun mehr Zeit für die schönen Künste. Oder sucht er ein neues Profil? Nicht etwa platt an der Wand wie die Originale im Museum, nein, ateliergerecht auf der Staffelei war die Make-up Art aufgebaut: vergößerte…


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